Institutionelles Schutzkonzept Pfarreiengemeinschaft St. Josef Cham & St. Martin Untertraubenbach

Inhalt
1.      
Vorwort

2.      Institutionelles Schutzkonzept

2.1  Ziel des Institutionellen Schutzkonzeptes

2.2  Schon die Erarbeitung ist ein Gewinn für unsere Pfarreiengemeinschaft

2.3  Themen des Institutionellen Schutzkonzeptes

3.      Struktur der Kinder‐ und Jugendarbeit in unserer Pfarreiengemeinschaft

4.      Schutz‐ und Risikofaktoren in der Kinder‐ und Jugendarbeit (Risikoanalyse)

5.      Sexualisierte Gewalt – Handlungsbedarf – Handlungsempfehlungen

5.1  Sexualisierte Gewalt – Intervention

5.1.1        Grenzverletzungen

5.1.2        Übergriffe

5.1.3        Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt

5.2  Dokumentationsbogen (Vermutungstagebuch)

5.3  Externe Fachberatung

6.      Personalauswahl – Einstellung – Unterschriften

7.      Beschwerdemanagement

8.      Verhaltenskodex (siehe Anlage)

9.      Qualitätsmanagement

1. Vorwort 

„So viel Nähe wie möglich und so viel Distanz wie nötig!“ Diese Aussage klingt zunächst widersprüchlich. Im Zusammenhang mit den Themen der Grenzverletzung und der sexualisierten Gewalt hat das Verhältnis zwischen Nähe und Distanz im Umgang miteinander jedoch eine wesentliche Bedeutung.

Nähe ermöglicht Vertrauen und ist somit eine Voraussetzung dafür, dass Menschen sich einander anvertrauen können. Nähe und Vertrauen sind wichtige Aspekte, die es erst ermöglichen, Beziehungen aufzubauen. Sie können helfen, Empathie für das Gegenüber zu entwickeln, stellen aber auch ein Wagnis dar. Denn wer sich öffnet, zeigt auch seine Verletzlichkeit. Das kann zum Nährboden für Grenzüberschreitungen und Übergriffe werden.

Distanz ermöglicht Respekt gegenüber anderen, denn wer Distanz wahrt, respektiert sein Gegenüber. So werden Grenzen nicht überschritten und der persönliche Wohlfühlbereich wird nicht verletzt. Das bildet Vertrauen, weil die Person in ihrer Gesamtheit wahrgenommen wird. Das Schwierige dabei ist, dass jeder Mensch Nähe und Distanz sehr unterschiedlich empfindet. So kann die Nähe, die ich empfinde, dem anderen peinlich sein und zudringlich vorkommen oder die Distanz, die der andere mir gegenüber einnimmt, als schmerzhaft und verletzend erfahren werden.

Das macht es nötig, dass jeder, der mit anderen Menschen in Kontakt tritt, sich immer wieder selbst überprüft und sensibilisiert. Nur wenn wir mit offenen Augen und offenem Herzen schauen, können wir die Signale der Menschen erkennen, die sich uns anvertrauen. So können wir Grenzverletzungen vermeiden und Räume schaffen, in denen sich Schutzbefohlene sicher fühlen.

Wir wollen Kindern und Jugendlichen einen Raum bieten, in dem sie sich frei von jeder Angst entwickeln können. Wir achten in besonderer Weise das Recht jedes Menschen auf körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit. Mit diesem Schutzkonzept geben wir eine Struktur vor, mit der wir ein gutes Miteinander schaffen und das Risiko von Grenzverletzungen und Übergriffen vermindern wollen. Uns ist bewusst, dass das nicht durch Einzelmaßnahmen erreicht werden kann. Nur ein gelebtes Schutzkonzept ermöglicht eine Grundhaltung von Wertschätzung und Respekt mit dem Ziel einer Kultur der Achtsamkeit.

Das hier vorgelegte Schutzkonzept, das jede Pfarrei erstellen muss, wurde durch einen aus den Mitgliedern des Pfarrgemeinderates bestehenden Arbeitskreis in den letzten zwei Jahren erarbeitet. In einer Pfarrgemeinderatsitzung (14.10.2021) wurde die Erstellung eines Institutionellen Schutzkonzeptes besprochen. Dieses IS-Konzept wurde vom Pfarrgemeinderat bei der Sitzung 14. Dezember 2022 und von der Kirchenverwaltung am 12. März 2024 beschlossen.

2. Institutionelles Schutzkonzept

2.1 Ziel eines Institutionellen Schutzkonzepts

Das Institutionelle Schutzkonzept stellt einen ganzheitlichen, systemorientierten Ansatz der Prävention vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch dar, der die gebündelten Bemühungen eines Trägers zu diesem Thema aufzeigt und miteinander in Beziehung setzt.

Ziel eines Institutionellen Schutzkonzeptes ist es, sichere Orte für Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene zu schaffen. Zudem werden für alle haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen Haltungs‐ und Verhaltensstandards erarbeitet, die einen reflektierten Umgang mit Nähe, Distanz und Grenzen ermöglichen und regeln, sowie „Notfallpläne“ entwickelt.

Das Institutionelle Schutzkonzept ist ein neues Instrument der Präventionsarbeit, dessen Etablierung durch die Deutsche Bischofskonferenz und den Beauftragten der Bundesregierung zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs als Auftrag an die deutschen Diözesen und von diesen an die Pfarrgemeinden vor Ort ergangen ist.

Hier geht es darum, in unserer Pfarreiengemeinschaft und ihren Einrichtungen sichere Räume für Kinder, Jugendliche und schutz‐ und hilfebedürftige Erwachsene (Schutzbefohlene) zu schaffen. Unabhängig von einem tatsächlichen Fallaufkommen sind alle dazu aufgefordert, gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kindern, Jugendlichen und Eltern zu prüfen, ob ihre Maßnahmen zur Prävention ausreichend sind.

2.2 Schon die Erarbeitung ist ein Gewinn für unsere Pfarreiengemeinschaft 
  • Schutzkonzepte ermöglichen eine reflektierte und kontinuierliche Auseinandersetzung mit institutionellen Begebenheiten, Strukturen und Umgangsweisen.
  • Schutzkonzepte dienen der Orientierung und Sicherheit sowohl von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen, als auch von Leitungskräften, haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen und Eltern.
  • Schutzkonzepte signalisieren nach innen und außen, dass mit dem Thema Prävention auf breiter Basis verantwortungsvoll und professionell umgegangen wird.
  • Schutzkonzepte schaffen Transparenz und Vertrauen. 
  • Schutzkonzepte helfen Übergriffe und Fehlverhalten zu verhindern bzw. aufzudecken und zu thematisieren.
  • Die Erstellung von Schutzkonzepten ist ein erkennbarer Qualitätsentwicklungsprozess mit dem Ziel, eine Kultur der gegenseitigen Achtsamkeit und des Respekts einzuführen und zu fördern.


2.3 Themen des Institutionellen Schutzkonzeptes 

Die Themen, die im Schutzkonzept behandelt werden, sind im „Haus der Prävention“ übersichtlich abgebildet (siehe Seite 5).

3. Struktur der Kinder‐ und Jugendarbeit in unserer Pfarreiengemeinschaft 

 In unserer Pfarreiengemeinschaft haben wir eine vielfältige Kinder‐ und Jugendarbeit in verschiedenen Gruppierungen, für die das vorliegende Schutzkonzept gilt.

Pastorale Angebote: Erstkommunionvorbereitung, Firmvorbereitung, Kinderbibeltag, Kleinkindergottesdienste

Kinder- und Jugendgruppen: Ministranten St. Josef Cham mit Katzberg, Ministranten Untertraubenbach u. Penting, Kinder‐ und Jugendchor, DER Chor

Sonstige: Ausflugsfahrt mit Kommunionkindern, Sternsingeraktion in St. Josef und St. Martin Sommeraktionstage (Minis), Ausflugsfahrten mit Ministranten

In einer aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichten Übersicht sind die dort ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter/innen festgehalten (erforderlich wegen Unterlagen bei 6.). Die Liste kann von Mitgliedern des Präventionsteams im Pfarrbüro jederzeit eingesehen werden.

4. Schutz‐ und Risikofaktoren in der Kinder‐ und Jugendarbeit – Risikoanalyse

 Wie fing es an in unserer Pfarreiengemeinschaft mit der Thematik Schutzkonzept? Der ISK-Arbeitskreis beschäftigte sich mit dem Fragebogen „Risikoanalyse“.

Die Risikoanalyse hat u.a. folgenden Handlungsbedarf aufgezeigt:

a)     Vermeidung von 1 : 1 Situationen, Situationen ohne Aufsicht

b)     Räume/Orte mit Gefährdungspotenzial

c)     Verhaltensregeln bei Übernachtungen, Reisen, Veranstaltungen

Sexualisierte Gewalt als wichtiges Thema bei Personaleinstellungen und Beauftragung von ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen, einschl. der verwaltungstechnischen Umsetzung

d)     Aufklärung über Thematik sexualisierte Gewalt und einzuhaltende Regelungen (Verhaltenskodex), einschl. Präventionsschulung

e)     Besondere Vertrauensverhältnisse

f)      Kommunikations‐ und Verfahrenswege bei Verstößen (Intervention), Beschwerdewesen

Die Arbeitsgruppe hat sich mit den aufgezeigten Risikofaktoren auseinandergesetzt und Lösungsvorschläge erarbeitet, die möglichst zügig umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die mit dem Verhaltenskodex und dem Institutionelles
Schutzkonzept getroffenen Regelungen.

Risiken aufgrund baulicher Gegebenheiten lassen sich nur bedingt kurzfristig beseitigen, z.B. durch Optimierung der Beleuchtung im Freisitz-/ Garten-/ Parkplatzbereich der beiden Pfarrheime oder durch zusätzliche Hinweisschilder auf Verschließen bei Nichtnutzung. In allen Bereichen muss das Bewusstsein für kritische Gegebenheiten gestärkt werden (1:1 Situationen, Dunkelheit, alleine nach Hause), dies soll zu noch mehr Wachsamkeit führen.  

Die Erkenntnisse aus der Risikoanalyse werden in Form eines kontinuierlichen Prozesses umgesetzt und sind auch Bestandteil im Qualitätsmanagement.

Die detaillierten Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind nicht Bestandteil des Schutzkonzeptes. Sie liegen den Verantwortlichen der Pfarreiengemeinschaft und auch dem Präventionsteam vor.

Angelehnt an bereits vorliegende Schutzkonzepte erarbeitete daraufhin die Arbeitsgruppe abschließend einen Vorschlag für ein ISK für unsere Pfarreiengemeinschaft.

5. Sexualisierte Gewalt – Handlungsbedarf – Handlungsempfehlungen 

 5.1 Sexualisierte Gewalt – Intervention 
  • Mit dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird jede sexuelle Handlung angesprochen, die an oder vor einem Kind, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen entweder
  • gegen dessen Willen (kein Einvernehmen) vorgenommen wird oder 
  • der das Kind, der Jugendlichen und Schutzbefohlenen, als auch von Leitungskräften, haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen und Eltern.
  • Schutzkonzepte signalisieren nach innen und außen, dass mit dem Thema Prävention auf breiter Basis verantwortungsvoll und professionell umgegangen wird.
  • Schutzkonzepte schaffen Transparenz und Vertrauen. 
  • Schutzkonzepte helfen Übergriffe und Fehlverhalten zu verhindern bzw. aufzudecken und zu thematisieren.
  • Die Erstellung von Schutzkonzepten ist ein erkennbarer Qualitätsentwicklungsprozess mit dem Ziel, eine Kultur der gegenseitigen Achtsamkeit und des Respekts einzuführen und zu fördern.

5. Sexualisierte Gewalt – Handlungsbedarf – Handlungsempfehlungen 

 5.1 Sexualisierte Gewalt – Intervention 
  • Mit dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird jede sexuelle Handlung angesprochen, die an oder vor einem Kind, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen entweder
  • gegen dessen Willen (kein Einvernehmen) vorgenommen wird oder 
  • der das Kind, der Jugendlichen und Schutzbefohlenen, als auch von Leitungskräften, haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen und Eltern.
  • Schutzkonzepte signalisieren nach innen und außen, dass mit dem Thema Prävention auf breiter Basis verantwortungsvoll und professionell umgegangen wird.
  • Schutzkonzepte schaffen Transparenz und Vertrauen. 
  • Schutzkonzepte helfen Übergriffe und Fehlverhalten zu verhindern bzw. aufzudecken und zu thematisieren.
  • Die Erstellung von Schutzkonzepten ist ein erkennbarer Qualitätsentwicklungsprozess mit dem Ziel, eine Kultur der gegenseitigen Achtsamkeit und des Respekts einzuführen und zu fördern.
5.1.1 Grenzverletzungen 

 Grenzverletzungen und mehr fordern uns zum Handeln auf. Wir müssen eingreifen und situationsabhängig weitere Maßnahmen einleiten oder durchführen. Schon bei verbalen oder körperlich‐sexuellen Grenzverletzungen,  

  • wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Schutzbefohlener von sexueller Gewalt, Misshandlungen oder Vernachlässigung erzählt,
  • bei Vermutung, dass ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Schutzbefohlener Opfer sexueller Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung geworden ist. 

 Eine Vermutung ist oft zunächst „nur“ ein unbestimmtes Bauchgefühl, das uns sagt: „Da stimmt etwas nicht.“ Wir haben etwas beobachtet, das uns irritiert, eine Bemerkung mitbekommen, die wir unpassend finden. Manchmal wird uns erst später klar, dass da etwas nicht in Ordnung war. Dann ist der Austausch mit anderen Personen (Präventionsteam, Leitung) unerlässlich und hilfreich. Genau hier setzt Vorbeugung an!

Aus einer Vermutung wird manchmal ein konkreter Verdacht. Dies ist erst der Fall, wenn ein Fehlverhalten klar beschrieben werden kann: Was war dabei nicht in Ordnung? Gegen welche Regeln wurde verstoßen? In diesen Fällen ist sofortiges Eingreifen erforderlich.

Grenzverletzungen sind Verhaltensweisen, die persönliche Grenzen des Betroffenen überschreiten. Sie können unabsichtlich verübt werden, aus persönlichen oder fachlichen Unzulänglichkeiten der Versucher oder einer „Kultur der Grenzverletzungen“ resultieren. Grenzverletzungen sind im Alltag nie ganz zu vermeiden ‐ sind jedoch korrigierbar (z.B. durch eine Entschuldigung). Die Unangemessenheit des Verhaltens ist nicht nur von objektiven Kriterien, sondern auch vom subjektiven Erleben der betroffenen Person abhängig. Das heißt, was für eine Person grenzverletzend ist, kann für eine andere Person unproblematisch sein.