
Institutionelles Schutzkonzept
Pfarreiengemeinschaft
St. Josef Cham & St. Martin Untertraubenbach
1. Vorwort
2. Institutionelles Schutzkonzept
2.1 Ziel des Institutionellen Schutzkonzeptes
2.2 Schon die Erarbeitung ist ein Gewinn für unsere Pfarreiengemeinschaft
2.3 Themen des Institutionellen Schutzkonzeptes
3. Struktur der Kinder‐ und Jugendarbeit in unserer Pfarreiengemeinschaft
4. Schutz‐ und Risikofaktoren in der Kinder‐ und Jugendarbeit (Risikoanalyse)
5. Sexualisierte Gewalt – Handlungsbedarf – Handlungsempfehlungen
5.1 Sexualisierte Gewalt – Intervention
5.1.1 Grenzverletzungen
5.1.2 Übergriffe
5.1.3 Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt
5.2 Dokumentationsbogen (Vermutungstagebuch)
5.3 Externe Fachberatung
6. Personalauswahl – Einstellung – Unterschriften
7. Beschwerdemanagement
8. Verhaltenskodex (siehe Anlage)
9. Qualitätsmanagement
1. Vorwort
„So viel Nähe wie möglich und so viel Distanz wie nötig!“ Diese Aussage klingt zunächst widersprüchlich. Im Zusammenhang mit den Themen der Grenzverletzung und der sexualisierten Gewalt hat das Verhältnis zwischen Nähe und Distanz im Umgang miteinander jedoch eine wesentliche Bedeutung.
Nähe ermöglicht Vertrauen und ist somit eine Voraussetzung dafür, dass Menschen sich einander anvertrauen können. Nähe und Vertrauen sind wichtige Aspekte, die es erst ermöglichen, Beziehungen aufzubauen. Sie können helfen, Empathie für das Gegenüber zu entwickeln, stellen aber auch ein Wagnis dar. Denn wer sich öffnet, zeigt auch seine Verletzlichkeit. Das kann zum Nährboden für Grenzüberschreitungen und Übergriffe werden.
Distanz ermöglicht Respekt gegenüber anderen, denn wer Distanz wahrt, respektiert sein Gegenüber. So werden Grenzen nicht überschritten und der persönliche Wohlfühlbereich wird nicht verletzt. Das bildet Vertrauen, weil die Person in ihrer Gesamtheit wahrgenommen wird. Das Schwierige dabei ist, dass jeder Mensch Nähe und Distanz sehr unterschiedlich empfindet. So kann die Nähe, die ich empfinde, dem anderen peinlich sein und zudringlich vorkommen oder die Distanz, die der andere mir gegenüber einnimmt, als schmerzhaft und verletzend erfahren werden.
Das macht es nötig, dass jeder, der mit anderen Menschen in Kontakt tritt, sich immer wieder selbst überprüft und sensibilisiert. Nur wenn wir mit offenen Augen und offenem Herzen schauen, können wir die Signale der Menschen erkennen, die sich uns anvertrauen. So können wir Grenzverletzungen vermeiden und Räume schaffen, in denen sich Schutzbefohlene sicher fühlen.
Wir wollen Kindern und Jugendlichen einen Raum bieten, in dem sie sich frei von jeder Angst entwickeln können. Wir achten in besonderer Weise das Recht jedes Menschen auf körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit. Mit diesem Schutzkonzept geben wir eine Struktur vor, mit der wir ein gutes Miteinander schaffen und das Risiko von Grenzverletzungen und Übergriffen vermindern wollen. Uns ist bewusst, dass das nicht durch Einzelmaßnahmen erreicht werden kann. Nur ein gelebtes Schutzkonzept ermöglicht eine Grundhaltung von Wertschätzung und Respekt mit dem Ziel einer Kultur der Achtsamkeit.
Das hier vorgelegte Schutzkonzept, das jede Pfarrei erstellen muss, wurde durch einen aus den Mitgliedern des Pfarrgemeinderates bestehenden Arbeitskreis in den letzten zwei Jahren erarbeitet. In einer Pfarrgemeinderatsitzung (14.10.2021) wurde die Erstellung eines Institutionellen Schutzkonzeptes besprochen. Dieses IS-Konzept wurde vom Pfarrgemeinderat bei der Sitzung 14. Dezember 2022 beschlossen.
2. Institutionelles Schutzkonzept
2.1 Ziel eines Institutionellen Schutzkonzepts
Das Institutionelle Schutzkonzept stellt einen ganzheitlichen, systemorientierten Ansatz der Prävention vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch dar, der die gebündelten Bemühungen eines Trägers zu diesem Thema aufzeigt und miteinander in Beziehung setzt.
Ziel eines Institutionellen Schutzkonzeptes ist es, sichere Orte für Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene zu schaffen. Zudem werden für alle haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen Haltungs‐ und Verhaltensstandards erarbeitet, die einen reflektierten Umgang mit Nähe, Distanz und Grenzen ermöglichen und regeln, sowie „Notfallpläne“ entwickelt.
Das Institutionelle Schutzkonzept ist ein neues Instrument der Präventionsarbeit, dessen Etablierung durch die Deutsche Bischofskonferenz und den Beauftragten der Bundesregierung zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs als Auftrag an die deutschen Diözesen und von diesen an die Pfarrgemeinden vor Ort ergangen ist.
Hier geht es darum, in unserer Pfarreiengemeinschaft und ihren Einrichtungen sichere Räume für Kinder, Jugendliche und schutz‐ und hilfebedürftige Erwachsene (Schutzbefohlene) zu schaffen. Unabhängig von einem tatsächlichen Fallaufkommen sind alle dazu aufgefordert, gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kindern, Jugendlichen und Eltern zu prüfen, ob ihre Maßnahmen zur Prävention ausreichend sind.
„.2 Schon die Erarbeitung ist ein Gewinn für unsere Pfarreiengemeinschaft
• Schutzkonzepte ermöglichen eine reflektierte und kontinuierliche Auseinandersetzung mit institutionellen Begebenheiten, Strukturen und Umgangsweisen.
• Schutzkonzepte dienen der Orientierung und Sicherheit sowohl von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen, als auch von Leitungskräften, haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen und Eltern.
• Schutzkonzepte signalisieren nach innen und außen, dass mit dem Thema Prävention auf breiter Basis verantwortungsvoll und professionell umgegangen wird.
• Schutzkonzepte schaffen Transparenz und Vertrauen.
• Schutzkonzepte helfen Übergriffe und Fehlverhalten zu verhindern bzw. aufzudecken und zu thematisieren.
• Die Erstellung von Schutzkonzepten ist ein erkennbarer Qualitätsentwicklungsprozess mit dem Ziel, eine Kultur der gegenseitigen Achtsamkeit und des Respekts einzuführen und zu fördern.
2.3 Themen des Institutionellen Schutzkonzeptes
Die Themen, die im Schutzkonzept behandelt werden, sind im „Haus der Prävention“ übersichtlich abgebildet (siehe Seite 5).



3. Struktur der Kinder‐ und Jugendarbeit in unserer Pfarreiengemeinschaft
In unserer Pfarreiengemeinschaft haben wir eine vielfältige Kinder‐ und Jugendarbeit in verschiedenen Gruppierungen, für die das vorliegende Schutzkonzept gilt.
Pastorale Angebote: Erstkommunionvorbereitung, Firmvorbereitung, Kinderbibeltag, Kleinkindergottesdienste
Kinder- und Jugendgruppen: Ministranten St. Josef Cham mit Katzberg, Ministranten Untertraubenbach u. Penting, Kinder‐ und Jugendchor, DER Chor
Sonstige: Ausflugsfahrt mit Kommunionkindern, Sternsingeraktion in St. Josef und St. Martin Sommeraktionstage (Minis), Ausflugsfahrten mit Ministranten
In einer aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichten Übersicht sind die dort ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter/innen festgehalten (erforderlich wegen Unterlagen bei 6.). Die Liste kann von Mitgliedern des Präventionsteams im Pfarrbüro jederzeit eingesehen werden.
4. Schutz‐ und Risikofaktoren in der Kinder‐ und Jugendarbeit – Risikoanalyse
Wie fing es an in unserer Pfarreiengemeinschaft mit der Thematik Schutzkonzept? Der ISK-Arbeitskreis beschäftigte sich mit dem Fragebogen „Risikoanalyse“.
Die Risikoanalyse hat u.a. folgenden Handlungsbedarf aufgezeigt:
a) Vermeidung von 1 : 1 Situationen, Situationen ohne Aufsicht
b) Räume/Orte mit Gefährdungspotenzial
c) Verhaltensregeln bei Übernachtungen, Reisen, Veranstaltungen
Sexualisierte Gewalt als wichtiges Thema bei Personaleinstellungen und Beauftragung von ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen, einschl. der verwaltungstechnischen Umsetzung
d) Aufklärung über Thematik sexualisierte Gewalt und einzuhaltende Regelungen (Verhaltenskodex), einschl. Präventionsschulung
e) Besondere Vertrauensverhältnisse
f) Kommunikations‐ und Verfahrenswege bei Verstößen (Intervention), Beschwerdewesen
Die Arbeitsgruppe hat sich mit den aufgezeigten Risikofaktoren auseinandergesetzt und Lösungsvorschläge erarbeitet, die möglichst zügig umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die mit dem Verhaltenskodex und dem Institutionellen Schutzkonzept getroffenen Regelungen.
Risiken aufgrund baulicher Gegebenheiten lassen sich nur bedingt kurzfristig beseitigen, z.B. durch Optimierung der Beleuchtung im Freisitz-/ Garten-/ Parkplatzbereich der beiden Pfarrheime oder durch zusätzliche Hinweisschilder auf Verschließen bei Nichtnutzung. In allen Bereichen muss das Bewusstsein für kritische Gegebenheiten gestärkt werden (1:1 Situationen, Dunkelheit, alleine nach Hause), dies soll zu noch mehr Wachsamkeit führen.
Die Erkenntnisse aus der Risikoanalyse werden in Form eines kontinuierlichen Prozesses umgesetzt und sind auch Bestandteil im Qualitätsmanagement.
Die detaillierten Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind nicht Bestandteil des Schutzkonzeptes. Sie liegen den Verantwortlichen der Pfarreiengemeinschaft und auch dem Präventionsteam vor.
Angelehnt an bereits vorliegende Schutzkonzepte erarbeitete daraufhin die Arbeitsgruppe abschließend einen Vorschlag für ein ISK für unsere Pfarreiengemeinschaft.
5. Sexualisierte Gewalt – Handlungsbedarf – Handlungsempfehlungen
5.1 Sexualisierte Gewalt – Intervention
Mit dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird jede sexuelle Handlung angesprochen, die an oder vor einem Kind, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen entweder
• gegen dessen Willen (kein Einvernehmen) vorgenommen wird oder
• der das Kind, der Jugendliche, der Schutzbefohlene aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Handlungen „sexualisierter Gewalt“ können grob unterteilt werden in
• sexualisierte Handlungen, die keinen direkten Körperkontakt mit sich brachten: exhibitionistische Aktionen, Annäherungsversuche, Zeigen von Pornografie, der Betroffene musste sich vor der Täterin/dem Täter entkleiden und/oder masturbieren, beim Waschen/Duschen/Baden beobachtet werden, sexualisierte Sprache (geiler Arsch, scharfe Titten) etc.
• sexualisierte Handlungen, die einen direkten Körperkontakt mit sich brachten: Streicheln, die Täterin/der Täter fasste dem be‐ oder entkleideten Betroffenen an die Brust, das Gesäß, die Genitalien, der/die Betroffene musste der Täterin/dem Täter an die Genitalien fassen, Küsse, Geschlechtsverkehr etc.
Der Begriff Gewalt weist darauf hin, dass es sich nicht um einvernehmliche Geschehnisse zwischen Partnern auf Augenhöhe handelt. Um Gewalt handelt es sich, wenn ein Machtgefälle besteht, beruhend auf einem großen Altersunterschied, sozialer Stellung, körperlicher Überlegenheit oder Autoritätsstellung.
Sexualisierte Gewalt wird im Allgemeinen in drei Stufen aufgeteilt:



5.1.1 Grenzverletzungen
Grenzverletzungen und mehr fordern uns zum Handeln auf. Wir müssen eingreifen und situationsabhängig weitere Maßnahmen einleiten oder durchführen. Schon bei verbalen oder körperlich‐sexuellen Grenzverletzungen,
• wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Schutzbefohlener von sexueller Gewalt, Misshandlungen oder Vernachlässigung erzählt,
• bei Vermutung, dass ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Schutzbefohlener Opfer sexueller Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung geworden ist.
Eine Vermutung ist oft zunächst „nur“ ein unbestimmtes Bauchgefühl, das uns sagt: „Da stimmt etwas nicht.“ Wir haben etwas beobachtet, das uns irritiert, eine Bemerkung mitbekommen, die wir unpassend finden. Manchmal wird uns erst später klar, dass da etwas nicht in Ordnung war. Dann ist der Austausch mit anderen Personen (Präventionsteam, Leitung) unerlässlich und hilfreich. Genau hier setzt Vorbeugung an!
Aus einer Vermutung wird manchmal ein konkreter Verdacht. Dies ist erst der Fall, wenn ein Fehlverhalten klar beschrieben werden kann: Was war dabei nicht in Ordnung? Gegen welche Regeln wurde verstoßen? In diesen Fällen ist sofortiges Eingreifen erforderlich.
Grenzverletzungen sind Verhaltensweisen, die persönliche Grenzen des Betroffenen überschreiten. Sie können unabsichtlich verübt werden, aus persönlichen oder fachlichen Unzulänglichkeiten der Versucher oder einer „Kultur der Grenzverletzungen“ resultieren. Grenzverletzungen sind im Alltag nie ganz zu vermeiden ‐ sind jedoch korrigierbar (z.B. durch eine Entschuldigung). Die Unangemessenheit des Verhaltens ist nicht nur von objektiven Kriterien, sondern auch vom subjektiven Erleben der betroffenen Person abhängig. Das heißt, was für eine Person grenzverletzend ist, kann für eine andere Person unproblematisch sein.



Beispiele:
• Missachten persönlicher Grenzen (tröstende Umarmung obwohl es dem Gegenüber unangenehm ist)
• Missachtung von Persönlichkeitsrechten (z. B. Verletzung des Rechts auf das eigene Bild durch Veröffentlichung von Bildmaterial über Handy oder im Internet; Kränkungen durch Lustig machen)
• Missachten der Intimsphäre (Umziehen in der Sammelumkleide eines Schwimmbads, obwohl sich ein Mädchen oder ein Junge nur in der Einzelkabine umziehen möchte)
• Missachten vorher gemeinsam vereinbarter Umgangsregeln (z.B. Anklopfen)
Handlungsleitfaden bei Grenzverletzungen:
· Ruhe bewahren
· Aktiv werden: „Dazwischen gehen“ (Situation beenden) und Grenzverletzung unterbinden.
· Grenzverletzendes Verhalten genau benennen. Situation klären. Offensiv Stellung gegen diskriminierendes, gewalttätiges und sexistisches Verhalten beziehen
· Entschuldigung anregen oder aussprechen
· Verhaltensänderung anregen oder zusagen
· Vorfall im Verantwortlichenkreis/‐team ansprechen
· Abwägen, ob weitere Aufarbeitung erforderlich
· Grundsätzliche Umgangsregeln überprüfen und (weiter)entwickeln
· Information der Eltern (bei erheblichen Grenzverletzungen)
5.1.2 Übergriffe
Übergriffe unterscheiden sich von Grenzverletzungen dadurch, dass sie nicht zufällig passieren (Absicht). Sie sind die Konsequenz aus grundlegenden persönlichen und/oder fachlichen Defiziten der Täter/innen. Übergriffe sind gekennzeichnet durch:
• Missachtung der gezeigten (abwehrenden) Reaktion der Betroffenen
• Massivität und/oder Häufigkeit der Grenzverletzungen
• Missachtung der Kritik von Dritten an dem grenzverletzenden Verhalten
• unzureichende persönliche bzw. fehlende Übernahme der Verantwortung für das eigene grenzüberschreitende Verhalten
• Abwertung von Betroffenen und/oder kindliche/jugendliche Zeugen/innen, die Dritte um Hilfe bitten (als „Petzen“ bzw. „Hetzerei“ abwerten)
• Vorwurf des Mobbings gegenüber Kindern und Jugendlichen und Kollegen/innen, die Zivilcourage zeigen bzw. ihrer Verantwortung nachkommen und Grenzverletzungen als solche benennen.



Beispiele:
• Erzieher/in betritt Badezimmer während ein Jugendlicher/eine Jugendliche duscht
• Häufige anzügliche Bemerkungen und/oder unangemessene Gespräche über Sexualität
• wiederholte Missachtung der Grenzen der professionellen Rolle (z. B. Gespräche über das eigene Sexualleben, Aufforderungen zu Zärtlichkeiten)
• Wiederholte abwertende sexistische Bemerkungen über den körperlichen Entwicklungsstand von Jungen und Mädchen
• Sexistische Spielanleitungen (z.B. Pokern oder Flaschendrehen mit Entkleiden)
• Sexistisches Manipulieren von Bildern (z.B. Einfügen von Köpfen in nackten Körpern in sexueller Pose)
• Wiederholte und vermeintlich zufällige Berührungen von Brust oder Genitalien
In einigen Fällen gehören sexuelle, psychische und körperliche Übergriffe durch Täter/innen zur strategischen Vorbereitung eines strafrechtlich relevanten sexuellen Missbrauchs.
Handlungsleitfaden bei sonstigen sexuellen Übergriffen
· Ruhe bewahren
· Situation beenden (dazwischen gehen) und klären
· Übergriffiges Verhalten genau benennen
· Vorfall melden/im Team besprechen
· Konsequenzen ziehen
· Verhaltenskodex überprüfen – Prävention verstärken
5.1.3 Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt
Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt sind Tatbestände, die nach dem Strafgesetzbuch geahndet werden können. Die Strafmündigkeit beginnt in Deutschland mit 14 Jahren. Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt sind beispielsweise:
• sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen ( § 174 StGB)
• sexueller Missbrauch von Kindern ( § 176 StGB)
• sexuelle Nötigung, Vergewaltigung ( § 177 StGB)
• sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen ( § 179 StGB)
• Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger ( § 180 StGB)
• Sexueller Missbrauch von Jugendlichen ( § 182 StGB)
• exhibitionistische Handlungen ( § 183 StGB)
• Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften ( § 184b StGB)



Handlungsleitfaden beim Verdacht auf sexuelle Gewalt– eine Vermutuung vorhanden
· Ruhe bewahren
· Wahrnehmen
o eigene Wahrnehmungen ernst nehmen
o keine überstürzten Aktionen
o Verhalten der potentiell betroffenen Person beobachten
o keine Befragung des Kindes/Jugendlichen
Handlungsleitfaden beim Verdacht auf sexuelle Gewalt– ein Bericht vorhanden
· Ruhe bewahren
· Zuhören
o Zuhören und Glauben schenken
o Zweifelsfrei Partei für die/den Betroffene/n ergreifen (ermutigen, sich anzuvertrauen)
o Klarstellen, dass die/der Betroffene keine Schuld hat
o Keine bohrenden Nachfragen
o Keine „Warum“‐Fragen verwenden –
o sie lösen leicht Schuldgefühle aus
o Besser sind „Als ob“‐Formulierungen: „Du wirkst auf mich, als ob …“!
o Weitere Schritte in Absprache/mit Information der/des Betroffenen
o Versichern, dass das Gespräch vertraulich behandelt wird und nichts ohne Absprache unternommen wird
o Keine Entscheidungen und weitere Schritte ohne altersgemäße Einbeziehung des jungen Menschen!
Für die beiden Handlungsleitfaden gilt:
o Keine Konfrontation der/des Beschuldigten (potentielle/n Täter/in
o Keine eigenen Ermittlungen anstellen
o Dokumentieren
o Zeitnah / genau: mit Datum und Uhrzeit
o Gespräche möglichst im Wortlaut
o Alle Handlungsschritte nachvollziehbar festhalten
o Hilfe holen:
o Sich mit eigener Person des Vertrauens besprechen, ob Wahrnehmungen geteilt werden
o Sich selber Hilfe holen (Erstanlaufstelle im Bistum, Präventionsteam)
o Evtl. Fachberatungsstelle aufsuchen
o Weiterleiten
o Bei akuter Gefahr: Polizei einschalten
o Bei begründetem Verdacht gegen kirchlichen Mitarbeiter/in: Missbrauchsbeauftragte/n informieren
o Bei begründetem Verdacht außerhalb kirchlicher Zusammenhänge: örtliches Jugendamt einschalten
o (Kinderschutzfachkraft nach § 8a SGB VIII)
5.2 Dokumentationsbogen (Vermutungstagebuch)
Nicht immer sind Situationen und Erzählungen zu grenzverletzendem Verhalten eindeutig einem sexuellen Übergriff oder Missbrauch im Sinne des Gesetzes zuzuordnen. Grenzverletzungen haben viele Gesichter. Häufig ist es schwierig, Beobachtungen, Erzählungen und Andeutungen einzuordnen.
Beunruhigt mich ein mulmiges Gefühl oder ein vager Verdacht, dann kann es hilfreich sein, was man beobachtet oder gehört hat und was auf einen sexuellen Missbrauch / eine sexuelle Grenzverletzung schließen lassen könnte, zu notieren (sog. Vermutungstagebuch).



5.3 Externe Fachberatung
Beratungsstellen (siehe Arbeitshilfe des Bistums Seite 33)
Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern
Kleemannstraße 36, 93413 Cham
Telefon: 09971 7 99 74
Telefax: 09971 7 99 76
E-Mail: info@beratungsstelle-cham.de
Internet: www.beratungsstelle-cham.de
Öffnungszeiten: Mo. bis Do. 8.00 – 12.00 Uhr, 13.00 – 17.00 Uhr Fr. 8.00 – 12.00 Uhr, 13.00 – 16.00 Uhr
Außenstellen: 93426 Roding, Landgerichtstr. 17
93444 Bad Kötzting, Zeltendorferweg 40
93437 Furth i. Wald, Dr.-Adam-Voll-Straße 1
93449 Waldmünchen, Marktplatz 18
Termine über die Beratungsstelle Cham
– Weißer Ring e.V. www.weisser‐ring.de
– Kinderschutzbund e.V. www.dksb.de
Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen 0941 24 171
Notruf Amberg SkF 09621 2 22 00
Wildwasser Nürnberg e.V. Tel. 0911 331 330
MiM. Münchner Informationszentrum für Männer Tel. 089 543 9556 www.maennerzentrum.de
Dornrose Weiden e.V. Tel. 0961 33 0 99 www.dornrose.de
Zartbitter e.V. www.zartbitter.de; info@zartbitter.de
Nummer gegen Kummer Tel. 0800 111 0 333, www.nummergegenkummer.de
Beratungsstellen der Katholischen Jugendfürsorge:
https://www.kjf‐kinder‐jugendhilfe.de/angebote‐fuer‐familien/angebote‐fuer‐kinder‐und‐jugendliche/hilfe‐bei‐sexueller‐gewalt/
Ansprechpersonen im Bistum (Missbrauchsbeauftragte)
‐ Marion Kimberger (für sexuelle Gewalt), Tel.: 0941 2091 4268
E‐Mail: marion.kimberger@kimberger‐online.de
‐ Dr. Martin Linder (für sexuelle Gewalt), Tel.: 0941 7054 6470
E‐Mail: Dr.Martin.Linder@t‐online.de
‐ Prof. Dr. Andreas Scheulen (für körperliche Gewalt), Tel.: 0911 4611 226
E‐Mail: info@kanzleischeulen.de
6. Personalauswahl – Einstellung ‐ Unterschriften
Mitarbeitende und Ehrenamtliche, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und im Rahmen ihrer haupt‐ neben‐ oder ehrenamtlichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit Minderjährige oder erwachsene Schutzbefohlene beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden, beraten oder vergleichbaren Kontakt zu ihnen haben, müssen
• im Abstand von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis (eFZ) vorlegen,
• einmalig die Selbstauskunftserklärung (Anlage 1 zur Präventionsordnung Regensburg) abgeben,
• den Verhaltenskodex durch Unterzeichnung anerkennen (Verpflichtungserklärung) und an einer Präventionsschulung teilnehmen.
Auch hauptamtlich Mitarbeitende, die nicht in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, müssen den Verhaltenskodex durch Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung anerkennen und an einer Präventionsschulung teilnehmen.
Alle von diesem Schutzkonzept verlangten Unterlagen werden im Pfarrbüro und in der Jugendstelle Cham verwaltet und über ihre Gültigkeit überprüft.
Gesamtverantwortlich: Pfarrer
Verwaltungstechnische Umsetzung: durch Pfarrsekretariat
Überprüfung: Präventionsteam jährlich im Juli (Beauftrager: Herr Dr. Thomas Frisch)
Das (einfache) Führungszeugnis, umgangssprachlich oft als „polizeiliches Führungszeugnis“ bezeichnet, gibt den eine Person betreffenden Inhalt des Bundeszentralregisters wieder; es erteilt damit Auskunft darüber, ob eine Person vorbestraft ist oder nicht. Verurteilungen, durch die auf Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten erkannt worden ist, werden bei den meisten Straftatbeständen nicht aufgenommen.
Das erweiterte Führungszeugnis (eFZ) enthält deshalb Eintragungen unabhängig vom Strafmaß wegen z.B. Zuhälterei, Misshandlung von Schutzbefohlenen, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie oder exhibitionistischer Handlungen.
Das erweiterte Führungszeugnis ist eine Art erster Barriere des institutionellen Schutzkonzeptes um potentielle Missbrauchstäter von der Einrichtung fernzuhalten. Durch Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis wird verhindert, dass einschlägig vorbestrafte Personen weiterhin beruflichen oder ehrenamtlichen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen bekommen. Zudem werden sich Personen, die einen einschlägigen Eintrag verzeichnen, sich in der Regel erst gar nicht um eine Tätigkeit bewerben oder Ihre Mitarbeit anbieten, wenn sie wissen, dass die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verlangt wird.
In der Selbstauskunft erklären Mitarbeitende, dass Sie nicht wegen einer der Katalogtaten des § 72 a SGB VIII vorbestraft sind und verpflichten sich, es dem Arbeitgeber/der beauftragenden Person unverzüglich mitzuteilen, wenn wegen einer dieser Straftaten gegen sie ermittelt wird.
Die Selbstauskunft schließt zum einen die zeitliche Lücke, die zwischen Ausstellung und Vorlage des eFZ bzw. der Unbedenklichkeitsbescheinigung liegt. Zum anderen soll die Verpflichtung zur Mitteilung dazu führen, dass der Arbeitgeber/ Beauftragende bereits bei einem Verdacht reagieren kann. Wenn gegen einen Mitarbeitenden wegen einer relevanten Straftat ermittelt wird, kann dieser oder diese bis zum Abschluss der Ermittlungen nicht in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden. Um dies zu gewährleisten, bedarf es aber Kenntnis von den Ermittlungen.
Als dritte Funktion ist die Selbstauskunft eine Art Notlösung, wenn der Einsatz in Kürze nötig ist (z.B. Begleitperson bei einem Zeltlager als Ersatz für eine/n erkrankte/n Mitarbeiter/ in) und nicht mehr ausreichend Zeit für das Einholen eines eFZ zur Verfügung steht.
Fundstellen:
Link zu Prüfraster eFZ für Ehrenamtliche
https://www.bistum‐regensburg.de/fileadmin/redakteur/PDF/Pruefraster_Ehrenamtliche.pdf
Link zu Selbstauskunftserklärung
https://www.bistum‐regensburg.de/fileadmin/redakteur/PDF/Selbstauskunft_Anlage_1a_PraevO_Rgbg.pdf
Link zu Einhaltung Verhaltenskodex
https://www.bistum‐regensburg.de/fileadmin/redakteur/PDF/Verpflichtungserklaerung_Kurzfassung_Anlage_1b_PraevO_Rgbg.pdf
Schulungsangebote und Termine über den Link
www.bistum‐regensburg.de/dienst‐hilfe/praevention‐missbrauch/praevention/



Prävention ist fester Bestandteil der Einstellungsverfahren in unserer Pfarreiengemeinschaft. Im Bewerbungsverfahren ist – in einer der Tätigkeit angemessenen Weise – darauf zu achten, dass neu eingestellte Mitarbeiter/innen eine hohe Bereitschaft mitbringen, eine Kultur der Achtsamkeit zu pflegen und zu fördern sowie sich im Bereich Prävention fortzubilden. Die Bewerber/innen werden auf die Bedeutung der Prävention gegen sexualisierte Gewalt in unserer Pfarreiengemeinschaft hingewiesen.
7. Beschwerdemanagement
Unsere Pfarreiengemeinschaft soll geprägt sein von einer Kultur der Wertschätzung und Achtsamkeit. Damit dies gelingen kann, ist die Beteiligung aller Mitglieder unserer Pfarrgemeinde unablässig.
Wo Menschen zusammenarbeiten, passieren Fehler, dies gilt natürlich auch für die Kirche oder die kirchlichen Einrichtungen. Wir wollen daraus lernen und Wege finden, wie wir unsere kirchlichen Angebote verbessern, Sachverhalte erklären und einen konstruktiven Dialog fördern können.
Unser Beschwerdemanagement ist offen für Beschwerden und natürlich auch für Lob und Anregungen aller Art.
Sagen Sie uns, was Sie gestört hat. Sie geben uns damit die Chance, Missstände abzustellen und unser Verhalten und unsere Leistungen zu verbessern.
Beschwerdewege:
• Das persönliche Gespräch kann ein Weg sein, um Beschwerden anzusprechen und aus dem Weg zu räumen.
• Ein weiteres, niederschwelliges Angebot zur Beschwerde bieten die Postkästen der Pfarrbüros, die ganztägig zur Verfügung stehen.
Eingehende Beschwerden, egal ob offen oder in verschlossenem Umschlag mit der Kennzeichnung „Beschwerde“, werden an unser Präventionsteam weitergeleitet.
Das Präventionsteam setzt sich mit den vorgebrachten Anliegen auseinander, erörtert Bedeutung und Tragweite des vorgebrachten Inhalts, prüft Abhilfemöglichkeiten und ggf. zu veranlassende Maßnahmen.
Beschwerdeführer werden so zeitnah wie möglich über das Ergebnis der Auswertung und Bearbeitung informiert.
Anonyme Beschwerden bitte nur im Ausnahmefall vorbringen, denn hier ist weder eine eventuell notwendige Rückfrage noch eine Beantwortung möglich.
Alle Mitglieder der Pfarreiengemeinschaft haben die Möglichkeit, auch persönlich ein Feedback zu geben. Rückmeldungen werden wohlwollend zur Kenntnis genommen und als Chance zur Verbesserung der Qualität unserer Arbeit verstanden.
Zusammensetzung unseres Präventionsteams (hier in der Funktion als Beschwerdeteam):
• Frau Sabrina Wanninger: sabi.wanninger@gmail.com
• Herr Dr. Thomas Frisch: dr.thomas.frisch@web.de
• Herr Volker Skibba: volker.skibba@gmail.com
• Frau Aleksandra Scheininger
• Herr Walter Dendorfer
8. Verhaltenskodex (siehe: weiter unten)
9. Qualitätsmanagement
Das Qualitätsmanagement ist fester Bestandteil des Schutzkonzeptes und stellt sicher, dass
• die Gültigkeitsdauer bezüglich eFZ, Schulungen, Verhaltenscodex etc. im Blick bleiben,
• die Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen turnusmäßig überprüft und die Maßnahmen ggf. den Erfordernissen angepasst werden,
• einmal jährlich Präventionsangebote geplant und terminiert werden,
• Erkenntnisse aus Risikoanalyse umgesetzt werden
• Unterschriften zum Verhaltenscodex (einmalig) und zur Selbstauskunftserklärung (einmalig) vorliegen.
Das Präventionsteam verpflichtet sich, alle 2 Jahre mit haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Bereich der Kinder‐ und Jugendarbeit das Thema Prävention zu thematisieren.
Die Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen wird regelmäßig überprüft und ggf. den Erfordernissen angepasst. Dazu gehört insbesondere die Fortschreibung des Schutzkonzeptes.



Verhaltenskodex
Pfarreiengemeinschaft
St. Josef Cham und St. Martin Untertraubenbach
Dieser Verhaltenskodex gilt für alle haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen unserer Pfarreiengemeinschaft, die in ihrem Tätigkeitsfeld Kontakt mit Kindern und Jugendlichen haben, aber auch mit schutz‐ oder hilfebedürftigen Erwachsenen (Schutzbefohlene).
Der Verhaltenskodex dient dazu, ein gemeinsames Verständnis im Umgang mit allen Schutzbefohlenen zu schaffen und verbindliche Regelungen für alle Beteiligten zu definieren. Er soll Orientierung für adäquates Verhalten geben, ein Klima der Achtsamkeit fördern und einen Rahmen bieten, damit Grenzverletzungen, sonstige sexuelle Übergriffe und strafbare Handlungen vermieden werden.
Unser gemeinsames Ziel ist es, eine offene und transparente Arbeit zu leisten, die nicht zulassen darf, dass Kinder und sonstige Personen in unseren Räumen gefährdet werden können oder sich gar bedroht fühlen müssen. Schutzbefohlene in unserer Obhut sollen das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie in ihrer jeweiligen Individualität gottgewollte und geliebte Menschen sind.
Mit der Unterschrift unter diesen Verhaltenskodex bekunden haupt‐ oder ehrenamtliche Mitarbeiter/innen ihren Willen und ihr Bemühen, sich an die nachstehenden Vereinbarungen und Verhaltensregeln zu halten. Das Dokument wird datenschutzkonform in den Akten der Pfarreiengemeinschaft aufbewahrt. Zielsetzung einer solchen Erklärung ist es, den Schutz von Kindern, Jugendlichen und allen Schutzbefohlenen an erste Stelle zu setzen und eine Haltung zu etablieren, bei der Bedürfnisse und Grenzen respektiert werden.
1) Respektvoller Umgang
a) Wir pflegen einen achtsamen, respektvollen und einen altersangemessenen Umgang miteinander, niemand wird gedemütigt oder verletzt. Wir nehmen individuelle Grenzempfindungen ernst, achten sie und kommentieren sie nicht abfällig.
b) Es darf keine Geheimnisse geben, Grenzverletzungen müssen thematisiert und dürfen nicht übergangen werden.
c) Niemand wird überredet oder unter Druck gesetzt, etwas zu tun, was sie/er nicht tun möchte.
d) Kirchliche Seelsorge und Gemeindearbeit – u.a. Katechese, KiWoGo, Betreuung, Beaufsichtigung, auch in Kindertagesstätten – sind unvereinbar mit körperlicher, verbaler, psychischer oder anderer Form von Gewalt.
e) Bei einer Konfliktlösung hören wir allen Seiten zu. Bei einer Ermahnung bleiben wir freundlich, sachlich und versuchen, ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen.
2) Nähe und Distanz
a) Beim Umgang mit Kindern, Jugendlichen sowie Schutzbefohlenen achten wir auf ein adäquates Verhältnis von Nähe und Distanz.
b) Wie viel Distanz die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen brauchen, bestimmen die Kinder und Jugendlichen.
c) Wenn Kinder und Jugendliche unangemessen viel Nähe zu einem Erwachsenen suchen, nimmt der Erwachsene dies freundlich wahr, er weist aber auf eine sinnvolle Distanz hin. Herausgehobene Freundschaften, Beziehungen oder intime Kontakte zu Minderjährigen dürfen nicht entstehen. Rollenschwierigkeiten (auch bei familiären Verbindungen…) werden angesprochen.
d) Wenn wir mit Kindern, Jugendlichen und allen Schutzbefohlenen Zeit verbringen, geschieht dies in den dafür vorgesehenen Räumen und Orten. Diese müssen jederzeit von außen zugänglich sein.
e) Wir respektieren die Intimsphäre und die persönlichen Grenzen der Kinder, Jugendlichen sowie der Schutzbefohlenen. Kinder und Kleinkinder werden in ihren Bedürfnissen unterstützt, auch wenn sie sich selber verbal aufgrund ihres Alters noch nicht ausreichend ausdrücken können.
f) Körperliche Berührungen sind in der Arbeit mit Menschen nicht auszuschließen, müssen aber altersgerecht und dem jeweiligen Kontext angemessen sein.
g) Unerwünschte Berührungen, körperliche Annäherung, insbesondere in Verbindung mit dem Versprechen einer Belohnung oder Androhung von Strafe, sind nicht erlaubt. Körperkontakt ist sensibel und nur zur Dauer und zum Zweck einer Versorgung wie z.B. Pflege, Erste Hilfe, Trost erlaubt.
h) Körperliche Berührungen setzen die freie und erklärte Zustimmung der jeweiligen Schutzbefohlenen voraus. Die Ablehnung bzw. den Willen der Schutzbefohlenen respektieren wir ausnahmslos.
i) Herausgehobene, intensive freundschaftliche Beziehungen zu einzelnen Kindern, Jugendlichen sowie Schutzbefohlenen schließen wir aus, weil dadurch emotionale Abhängigkeit entstehen könnte. Dies gilt auch für exklusive Geschenke an ausgewählte Personen.
3) Veranstaltungen, Reisen und Ferienfreizeiten
a) Bei gemeinschaftlichen Veranstaltungen und Reisen, die sich über mehr als einen Tag erstrecken, sind erwachsene Bezugspersonen beiderlei Geschlechts in ausreichender Anzahl vertreten.
b) Bei Übernachtungen mit Kindern und Jugendlichen achten wir auf
· getrennte Schlafmöglichkeiten für jugendliche und erwachsene Personen,
· getrennte Schlafbereiche für Mädchen und Jungen.
· Sind Ausnahmen aus triftigen und transparenten Gründen erforderlich, ist dies mit den Erziehungsberechtigten zu besprechen und deren Einverständnis einzuholen.
c) Bei einer Freizeit mit Übernachtung sind die Kinder nie allein in einer Schlafsituation, andere Kinder sind immer dabei. 1:1 Situationen sind möglichst zu vermeiden.
d) Übernachtungen von Kindern und Jugendlichen in den Privatwohnungen von Seelsorgern/innen sowie haupt‐ und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen sind grundsätzlich untersagt. Sollte es im Ausnahmefall aus triftigen und transparent gemachten Gründen dennoch dazu kommen, müssen immer mindestens zwei erwachsene Personen präsent sein. Den Schutzbefohlenen muss in jedem Fall eine eigene Schlafmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden.
e) Bei allen Veranstaltungen achten wir darauf, dass es geschützte Bereiche der Intimsphäre gibt. Besonders wichtig ist die Trennung nach Geschlecht bei Schlafräumen, Wasch‐ und Umkleideräumen.
· Sollte ein Zugang zu diesen Bereichen erforderlich sein, geschieht das immer nur mit einer Leitungsperson des anderen Geschlechts oder nur nach deutlicher vorheriger Ankündigung und Begründung, z.B. wenn die Sicherheit der Schutzbefohlenen in Gefahr ist.
· Gemeinsame Körperpflege mit Schutzbefohlenen, insbesondere gemeinsames Duschen, ist nicht erlaubt.
f) Wir wissen, dass wir den Kindern, Jugendlichen sowie Schutzbefohlenen klare Verhaltensregeln erklären müssen und dafür Sorge tragen, dass diese auch eingehalten werden.
g) Der Konsum von Alkohol, Nikotin oder sonstigen Drogen durch Minderjährige ist nicht zulässig.
4) Sprache und Wortwahl
a) Wir achten auf verbale und nonverbale Signale der Menschen und gehen wertschätzend und empathisch damit um.
b) Durch Sprache und Wortwahl können Menschen zutiefst verletzt und gedemütigt werden. Wir verwenden keine sexualisierte oder abwertende Sprache (sexuelle Anspielungen, Bloßstellungen, abfällige Bemerkungen, Vulgärsprache). Dies beachten wir auch in der Kommunikation der Kinder / Jugendlichen untereinander und greifen gegebenenfalls ein.
c) Wir vermeiden Ironie und Zweideutigkeiten im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen, da diese oft nicht verstanden werden.
d) Bei jeder Form der persönlichen Auseinandersetzung oder Kommunikation achten wir auf Wertschätzung.
e) Wir hören zu und beachten die Bedürfnisse und das Alter der Schutzperson. Dabei sind wir uns der besonderen Vertrauens‐ und Autoritätsstellung gegenüber den Kindern, Jugendlichen sowie Schutzbefohlenen bewusst.
f) Wenn sich mir jemand in Bezug auf Grenzverletzungen oder Gewalterfahrungen anvertraut, verspreche ich nicht, dass ich das für mich behalten kann und erkläre mein weiteres Vorgehen.
5) Medien und soziale Netzwerke
a) Nehmen wir Grenzverletzungen in den sozialen Medien wahr, z.B. Cybermobbing, so beziehen wir gegen jegliches diskriminierende, gewalttätige oder sexistische Verhalten aktiv Stellung.
b) Bei der Verwendung von Filmen, Fotos, Spielen und Material achten wir auf eine altersentsprechende, pädagogisch und religiös sinnvolle Auswahl.
c) Wir akzeptieren die Entscheidung, wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder ein schutzbefohlener Mensch nicht fotografiert werden will. Bei der Veröffentlichung von Bildern oder persönlichen Daten beachten wir den Datenschutz / die Bildrechte.
d) Das Beobachten, Fotografieren oder Filmen von Schutzbefohlenen während des Duschens sowie beim An‐ und Auskleiden oder in unbekleidetem Zustand ist verboten.
6) Geschenke und Belohnungen
a) Belohnungen können als Motivation für gemeinnützige Tätigkeiten genutzt werden. Belohnungen für persönliche Gefälligkeiten sind nicht erlaubt.
b) Geschenke und Belohnungen bleiben „im Rahmen“. Wir pflegen generell einen zurückhaltenden Umgang mit Geschenken.
c) Geschenke machen: Belohnungen und Geschenke an Kinder und Jugendliche sind transparent zu machen und müssen in Wert und Umfang der Situation angemessen sein. Geschenke dürfen nicht genutzt werden, um Einzelne zu bevorzugen oder enge Bindungen/emotionale Abhängigkeiten zu erzeugen.
d) Geschenke annehmen: Finanzielle Zuwendungen, Belohnungen und Geschenke an einzelne Mitarbeiter/innen, die in keinem Zusammenhang mit der konkreten Aufgabe der Bezugsperson stehen, sind nicht erlaubt.
7) Fehlerkultur und Disziplinarmaßnahmen
a) Gewalt, Nötigung, Drohungen und Freiheitsberaubung sind gesetzlich verboten und werden auch von uns nicht toleriert. Es wird keine verbale oder nonverbale Gewalt verwendet. Wir unterbinden grenzverletzendes Verhalten konsequent.
b) Den Kindern und Jugendlichen wird klargemacht, dass Fehler in Ordnung sind, sich aber nicht wiederholen dürfen.
c) Bei Fehlverhalten wird mit dem Kind oder Jugendlichen gesprochen. Es wird reflektiert, was falsch an dem Verhalten war und warum dies falsch war. Dann wird geklärt, wie in Zukunft vorzugehen ist. Bei Bedarf sprechen wir mit den Eltern.
d) Falls Sanktionen / Strafen unabdingbar sind, achten wir darauf, dass diese im direkten Bezug zur „Tat“ stehen (angemessen, konsequent und plausibel für den „Bestraften“).
8) Ergänzende Regelungen für Kindertagesstätten
a) Verhalten, das nicht vorkommen darf und zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führt: Verletzung der Aufsichtspflicht, Intimsphäre missachten, Intim anfassen, zwingen, verletzen, schlagen, strafen, Angst machen, Laut auf die Kinder einreden, anschreien, anschnauzen, sozialer Ausschluss, vorführen, beschämen, nicht beachten, Fotos der Kinder ohne Zustimmung ins Internet stellen, diskriminieren, stigmatisieren, am Einschlafen hindern, zum Essen zwingen, Datenschutz nicht einhalten.
b) Verhalten, das pädagogisch kritisch ist und Reflexion erfordert: Überforderung/Unterforderung von Kindern, Kinder nicht ausreden lassen, Verabredungen nicht einhalten.
Selbstreflexion: Was bringt mich auf die Palme? Wo sind meine Grenzen?
c) Verhalten, das wichtig ist und die Entwicklung der Kinder fördert: positive Grundhaltung, verlässliche Strukturen, positives Menschenbild, den Gefühlen der Kinder Raum geben, Freude und Trauer zulassen, flexibel Themen der Kinder spontan aufgreifen und wertschätzen, einbeziehen der Kinder beim Aufstellen von Regeln ‐ Regelkonform verhalten, sich vorhersehbar machen (ich tue jetzt …, ich hole …), empathisch handeln, professionelle Distanz und Nähe, Freundlichkeit, Verlässlichkeit, aufmerksam zuhören, Lob aussprechen, vorbildliche Sprache, Ehrlichkeit, Gerechtigkeit demokratisches Miteinander, Selbstreflexion, Begeisterungsfähigkeit.
9) Schutz der Leitlinien im Verhaltenskodex und Verpflichtungserklärung
a) Sollte ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin die Punkte des Kodex übertreten und die Grenzen von Kindern und Jugendlichen oder von Schutzbefohlenen überschreiten, finden die nachfolgenden Interventionsschritte in der Pfarreiengemeinschaft – abhängig vom Schweregrad des Vorfalls – Anwendung:
· kollegiale Beratung bzgl. des Konfliktfalles
· Mitarbeitergespräche
· Information des Präventionsteams und des Pfarrers
· Information der Ansprechpersonen des Bistums Regensburg
· Weitergabe der Informationen an Jugendamt und/oder Polizei
b) Falls weitere Schritte für notwendig oder sinnvoll erachtet werden, ist das verantwortliche Präventionsteam für die Koordination zuständig. Mögliche Schritte können dann sein:
· bei hauptamtlichen Mitarbeitern dienstrechtliche Konsequenzen wie z.B. Ermahnung, Abmahnung
· Aussetzen der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
· im äußersten Fall: Hausverbot
· weitere rechtliche Konsequenzen
c) Alle im Bereich der Kinder‐ und Jugendarbeit haupt‐ und ehrenamtlich tätigen Personen unterzeichnen die Verpflichtungserklärung (Anlage 1b zur PrävORgbg) und versichern damit, dass sie den Verhaltenskodex bekommen, gelesen und verstanden haben. Gleichzeitig verpflichten sie sich, die dort festgehaltenen Reglungen zu beachten und umzusetzen.
d) Sie verpflichten sich auch bei Wahrnehmung von Grenzverletzungen und mehr, die notwendigen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Personen einzuleiten. Sie kennen das Interventions‐ und Beschwerdesystem der Pfarreiengemeinschaft (siehe unter Punkt 5 und 7 im Schutzkonzept) und wissen wie sie handeln müssen.
e) Der Verhaltenskodex wird auf der offiziellen Homepage der Pfarreiengemeinschaft (cham-st-josef.com) veröffentlicht.
Sabrina Wanninger Dr. Thomas Frisch Pfarrer Pajor